Motor der GL1000

26.03.2023 - Thema Ölverlust bei den Motoren


Kommen wir heute mal zu einem Thema, bei dem man mich bitte nicht ganz ernst nehmen sollte.


Vorweggesagt: Natürlich weiß ich, was ein Tropfen Öl in Wasser / Grundwasser anrichtet.


Thema: Ölverlust am Motor. 
Wie eine neue GL in den 70er von unten aussahen und ob die damals völlig dicht waren und nicht ein Tropfen Öl drunter hing, weiß ich leider nicht.
Was ich aber weiß ist, dass ich noch keinen Motor gesehen habe, den unten nicht verölt war.


Wie auch immer. Ich bin der Meinung, dass ein Motorrad mit über 40 Jahren durchaus etwas Öl ausschwitzen darf. Zumal die damaligen Öle auch andere waren als heute.


Trotzdem ist ist nicht so toll, wenn sie Öl verliert aber ist das kritisch?

Eine Ölstandkontrolle mache ich vor fast jeder Fahrt. Genauso wie Kühlwasser. So oft wir mit die Kopfdichtungen durch sind, bin ich da vorsichtig. Auch sonst schau ich mir meine GLs schon regelmäßig mal an. Auch mal Endantrieb etc. Da ist ja auch Öl drin. 


Was sind denn die typischen Punkte an denen sie tropft?


1.) An den Ventildeckeldichtungen. Je nach Alter und Anpressdruck hängt hier ab und an mal ein Tropfen Öl dran. Dazu muss man wissen, dass dich Dichtung auf einer flachen Ebene des Zylinderkopfes aufliegt. Also nicht wie ein Dichtring beidseitig in einer Nut liegt. Ist diese Fläche nicht völlig Sauber und plan oder die Dichtung ist alt (ggf. geschrumpft oder hart) und oder hat nicht genug Druck, dann kann das vorkommen. Den Druck kann man nicht beliebig erhöhen, da die Schrauben der Zylinderkopfdeckel einen definierten Anschlag haben.
Abhilfe kann hier die Verwendung von Dichtmasse schaffen. Das sollte man aber erst machen, wenn man das Ventilspiel eingestellt hat.


2.) Am Neutralschalter. Hatte ich tatsächlich, da jemand vergessen hatte ihn richtig zu fixieren.
Der Neutralschalter wird ja nur über eine kleine Halteplatte in Position gehalten. Von der Schaltwalze wird entsprechend Druck auf die Kugel des Neutralschalters ausgeübt, welche wiederum von einer Feder gegengehalten wird. Viel Kraft wirkt hier also nicht aber ist der Schalter nicht richtig angezogen bzw. die Schraube seiner Halteplatte, dann kann hier Öl austreten. Öl hat bekanntlich einen sehr kleinen Kopf. Das ist vor allem deswegen doof, weil man an die Schraube nicht mehr dran kommt. Zumindest ich nicht. Das Thema Neutralschalterwechsel ist euch ja vermutlich auch bekannt.


3.) Sie tropft unten an der Stelle von die zwei Hälften des Kurbelwellengehäuses aufeinandertreffen. Dazu muss man wissen, dass hier keine Dichtung eingebaut wird. Hier wird und wurde Dichtmasse verwendet. Wie man sich vielleicht vorstellen kann, ist es nicht so einfach den gesamten „Rand“ beider Gehäusehälften völlig sauber und plan zu bekommen. Aufbringen kann man die Dichtmasse auch erst, meine Meinung, wenn bereits Kolben 2 und 4 in den Zylinder sind. Man hat dann relativ wenig Platz, um Dichtmasse aufzutragen und man will ja nicht alles zuschmieren oder das Risiko eingehen, dass sich Dichtmasse in den Motor drückt, wenn man die Hälften zusammenschraubt. Je nach Historie des jeweiligen Motors sind die Dichtflächen auch vielleicht mit Kerben oder Kratzern beschädigt, was die Sache nicht leichter macht.


4.) Ölablassschraube undicht. Erklärt sich von selbst.


5.) Tropf am Kreuzungspunkt Kurbelwellengehäuse und vorderer Motordeckel. Erklärt sich auch fast von alleine. Hier sitzt eine Papierdichtung. Im Kreuzungspunkt der beiden Kurbelwellengehäusehälften und des vorderen Deckels entsteht eine Art T-Kreuzung. Ist hier nicht alles absolut plan, entsteht ein kleine Zwickel.


6.) Dichtung sind schlecht. Klingt jetzt komisch ist aber so. Es gibt oder gab Sätze, die hatten qualitativ schlechte Dichtungen drin. Das betraf auch die Kopfdichtungen. Das hatte ich bei meinen. Hier habe ich Kopfdichtungen in Serie verloren.


7.) Es kommt durch die Wasserpumpe. Die Antriebswelle der Wasserpumpe sitzt auf der Achse der Ölpumpe. Hier gibt es diverse Simmerringe und normale Dichtringe, die die Bauteile voneinander trennen und den Ölkreislauf und den Wasserkreislauf getrennt halten.
Die Dichtringe sind in jedem großen Dichtungssatz enthalten. Die Simmerringe nicht.
An der Ölpumpe kann man den relativ einfach tauschen. An der Wasserpumpe nicht.
Die Wasserpumpen waren von Honda nicht für eine Reparatur vorgesehen. Bei Problemen sollten diese direkt ausgetauscht werden. Solange man an der WP auch nicht direkt ein Spiel und unrunden Lauf bemerkt, weiß man auch nicht, ob Sie dicht ist. Die Dinger rauchen auch ohne Vorwarnung ab. Es gibt zwei Typen von WPs. Typ 1 noch mit rotbraunen „Bakelit“ Rad und Typ 2 mit Metallflügelrad. Typ 2 ist angeblich haltbarer und unterscheidet sich auch im Aufbau ganz leicht. Wasserpumpen sind recht teuer. Man überlegt sich also schon ob man auf Verdacht eine neue einbaut. Zum Glück ist ihr Austausch relativ einfach und relativ schnell zu bewerkstelligen. Ein wenig Ahnung muss man haben, aber ich behaupte mal, dass jeder der eine GL heute noch fährt gewissen Grundfähigkeiten haben sollte. Sonst sollte man es vielleicht besser lassen mit den Oldtimern. Sehe ich keine unmittelbaren Anzeichen für einen Defekt und die Pumpe ist entsprechend leichtgängig, plädiere ich für den Einbau. Risiko bleibt dabei. Klar Öl muss raus und Deckel runter etc. 


Jetzt gibt es Leute, die die Erwartungshaltung haben, dass die GL so gut ist wie vor 45 Jahren. Wobei ich nicht weiß, wie es damals war.
Also ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich bin nicht mehr so fit wie vor 45 Jahren. Hm... schlechter Vergleich.


So kommt es dazu, dass Motoren mit „deutlichen / viel Ölverlust“ bewertet werden.
Bedenkt man die oben genannten Problematiken, dann ist eine völlig trockene GL vielleicht eher die Ausnahme als die Regel. Vielleicht sehe ich das aber auch zu locker.


Was heißt jetzt „undicht“ und „viel Verlust“


Ich habe jetzt mal zwei Sachen gemacht.


1. Ein Bild meiner Pappe unter der Nr2 welches ist nach Saisonende drunter gelegt habe. Dazu muss man sagen, ich habe es 1-mal um 180° gedreht. Sie tropf nicht überall, sondern auch vorn am Stoß. Dazu ein paar Bilder.

  • GL2_Pappe Winterpause
  • GL2_KW-Gehäusestoß vorn
  • GL2_Motordeckel vorn
  • GL2_Kühlwasserablassschraube
  • GL2_Ventildeckel links



Ja ja, eine meiner GLs tropft. Katastrophe! :-)  Und dass mir, der glaubt ganz grob mit dem Ding umgehen zu können. Müsste ich direkt verschrotten.

Kleiner Scherz. Jetzt weiß ich zumindest auch, dass etwas Kühlflüssigkeit tropft. Sieht nach Ablassschraube aus.  Muss ich mal nachziehen.


2. Ein Test. 

Man nehme ein Stück Pappe von einem Karton, der hier rumfliegt. Dann lässt man 6 Tropfen Öl aus der Höhe fallen, die etwa der Höhe zischen GL-Motorunterseite und Boden entspricht, wenn die GL auf dem Hauptständer steht.
Dabei 2 Einzeltropfen und 2x2 Doppeltropfen. Das Öl ist gebraucht und kalt. 

Dann wartet man mal 12h und da man wartet, stellt man mal eine Überlegung an:


Gehen wir mal davon aus, dass ein Tropfen einen Durchmesser von 4mm hat.
Dann wären dies 33,51 mm³
Oder in Liter = dm³ umgerechnet: 3,4 x 10^-5 dm³.
Oder nicht wissenschaftlich: 0,000034 dm³


Jetzt gehen wir mal davon aus, dass eine Gl so ca. 3 dm³ Öl hat.
Leider weiß ich nicht, wie viel Volumen zwischen der Min und der Max-Ölstandmarke liegt. Das muss ich mal ausloten, wenn ich dran denke.


Egal. Lassen wir sie gedanklich mal leertropfen. Was zwar rein bauartbedingt im Stand nicht geht aber wollen wir mal nicht zu genau werden.
Also teilen wir 3dm³ durch 0,000034 dm³ = 89.526 Tropfen Ölinhalt.
Gehen wir mal davon aus, dass die Gl Tropf wie ein "Schwei….."
Also 6 Tropfen pro Tag. Die hängen ja nicht nur drunter, die lösen sich auch.
Somit dauert es 14.921 Tage, bis sie leer ist. Stimmt nicht ganz, durch das abnehmende Volumen reduziert sich die geodätische Höhe der Ölsäule, die damit unterschiedlich viel Druck auf die undichte Stelle auswirkt. Außerdem sind jährliche Temperaturschwankungen nicht berücksichtigt und natürlich wurde die Maschine dann in dem Zeitraum auch nicht bewegt.


Zeitraum. Gutes Stichwort: 14.921 Tage sind grob 40 Jahre.
Also wäre eine GL von 1974, die im Neuzustand bereits undicht war und nie bewegt wurde, ca. 2014 leer gewesen.
Geile Sache. Wenn dass das einzige Problem dann ist, dass würde ich sagen, alles gut.
Das sieht dann so aus:


Was soll der ganze Blödsinn?  Nix. Ich wollte nur für mich mal überlegen, was ist "viel" Öl verlieren. ;-)





Älter:

Das Schwergewicht

Dann wollen wir uns mal einen GL 1000 Motor von innen ansehen.

Das Exemplar hier sieht äusserlich noch gut aus. Er lässt sich aber nicht mehr durchdrehen und die Kurbelwelle scheint Spiel zu haben. Das ist kein gutes Zeichen.

Bevor man den Motor zerlegt, muss natürlich erstmal das Öl raus. Und auch wenn man ihn normal entleert hat, hat der Motor noch genug Restöl in sich, um eine Sauerrei in der Werkstatt anzurichten. Also sollte man entweder auf einem Montagetisch arbeiten oder einige Ölauffangtücher in Reichweite haben.

Um den Motor zu zerlegen, demontiert man die Zylinderköpfe, entfernt die Zahnriemen, den vorderen Motordeckel und den hinteren Deckel. Der Wasserbaum muss natürlich auch runter. Wie das genau geht, würde hier den Rahmen sprengen. Daher verzichte ich hier auf eine Detailbeschreibung. Gerne helfe ich, wenn Fragen dazu bestehen.

Ölsieb

Ölsiebdeckel

Um das Restöl möglichst vollständig aus dem Motor zu bekommen und um einen Eindruck vom Zustand des Motors zu bekommen, habe ich das Ölsieb ausgebaut. Das was im Sieb zu finden war und was ich auch im Restöl gefunden habe, lässt vermuten, dass der Motor ein weit grösseres Problem hat als den üblichen Verschleiß.

Zylinderkopf / Ventile

So sehen dann mal Ventile eines Motors aus, von dem man nicht weiß, wo er die letzten Jahre war und wie seine Geschichte ist. Sieht aber nicht so schlimm aus.  Zu erkennen ist, dass die Zylinderkopfdichtung zwischen den Brennräumen nicht defekt war.

Motor von hinten

Hinterer Motordeckel demontiert. Zu erkennen ist der Kupplungskorb und Teile der Lima. Im Loch rechts oben steckt eigentlich die Antriebswelle.

Lager 2 der Kurbelwelle

Nach dem "Spalten" des Motors fällt auf, dass der Lagerbock des zweiten Kurbelwellenlagers lose ist. Hier ist der Lagebock bereits demontiert. Wenn man genauer hinsieht, dann sieht man schon die Ursache für die vielen Metallspäne im Öl.

Lagerbock mittleres KW-Lager

So sollte ein Lagerdeckel nicht aussehen....    

Kurbelwellenbruch
















Kapitaler Motorschaden. Die Kurbelwelle ist gebrochen. Jetzt wird es spannend....

Kurbelwelle - Lager 1

Mal sehen ob der Motor noch zu retten ist.

Antwort: Ja er ist zu retten.


Den Motor habe ich vollständig zerlegt.

Motor zerlegt 1

 

Motor zerlegt 2


Nach dem Zerlegen wurden die Teile gereinigt und von den reichlich vorhandenen Metallspähnen befreit. Der mittlere Kurbelwellendeckel war so stark beschädigt, dass er ausgetauscht werden musste.

Die Kurbelwellenbohrung wurde neu gesetzt und mit neuen Lagern bestückt. Eine "neue" Kurbelwelle wurde eingebaut, die Zylinderkopfflächen geplant, und die Zylinder bekamen einen neuen Kreuzschliff.


KW-Bohrung und Lager

 

geplant und Kreuzschliff


Bei defekten Blöcken mit defekten Dichtflächen an den Zylindern gibt es meist eine Möglichkeit, den Block zu retten. Das ist sehr aufwendig, hat aber den Vorteil, dass man später eine bessere und stabilere Kopfdichtungsfläche hat und somit die Dichtung im Mittelsteg nicht mehr so schnell durchbrennt. Dazu werden neue Außenbuchsen im oberen Teil der Blockes aufgeschrumpft. Das kann man natürlich nicht selbst machen. Da müssen dann schon die echten Profis ran.

Hier ein Beispiel von einem anderen Motor:

Vor der Überholung
Nach der Überholung mit neuen Außenbuchsen




und weil es ne Menge Kleinteile sind und es derzeit in der Garage zu kalt ist, habe ich da mal was ausprobiert. Braucht man nicht aber ich finde es irgendwie cool.

Ordnung ist alles

 


Nachdem der Motor zerlegt und gereinigt wurde und die Lager neu vermessen sind , ging es an die Lackierung. Ich habe hier erstmals einen Lack von RH-Lacke aus Twistring verwendet und den Motor auch nicht selbst mit der Sprühdose lackiert sondern zum Lackierer gegeben. Da die Lager bereits gemacht waren und auch schon mal mit der Hand vorgeplant wurde, geht es um den Schutz der Flächen. Hier habe ich mit relativ großem Aufwand Holzabdeckungen gebaut. Da es vermutlich nicht der letzte Motor sein wird, dürfte sich das hoffentlich gelohnt haben. Da ich diesmal die GL nicht als "normale" GL aufbauen werde, sondern ein "Custombike" geplant ist, bin ich vom Original abgewichen.

 

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Kontakt:

Martin Schmied

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